Zum Inhalt springen

Hugenotten in Brandenburg im 17. Jahrhundert

Den Ruf Brandenburgs als Zufluchtsort für Glaubensflüchtlinge begründete die Aufnahme von Einwanderern reformierten Glaubens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Ein großer Teil von ihnen waren französische Hugenotten. Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) hatte das Land schwer getroffen. Manche Gegenden wie etwa in der Uckermark hatten 90 % ihrer Bevölkerung verloren. In dieser Situation bemühten sich Kurfürst Friedrich Wilhelm, durch gezielte Ansiedlungspolitik den Bevölkerungsverlust auszugleichen und das verwüstete Land wiederaufzubauen. Anfangs geschah dies durch Menschen aus benachbarten Gebieten. Nach und nach ließ der brandenburgische Kurfürst jedoch gezielt reformierte Siedler*innen aus den Niederlanden und der Schweiz anwerben.

Als in Frankreich durch die restriktive Religionspolitik Ludwigs XIV. die dort lebenden reformierten Untertanen unterdrückt und verfolgt wurden, begannen die sogenannten Hugenotten seit 1679 das Land zu verlassen. Mit dem Edikt von Potsdam (1685) suchte der brandenburgische Kurfürst, sie in sein Land zu ziehen und regelte deren Ansiedlung. Insgesamt gelang es so, etwa 20 000 Refugiés – nicht nur aus Frankreich – zur Einwanderung zu bewegen. Es kamen Kaufleute, Handwerker, Künstler, Unternehmer, Soldaten, aber auch Bauern. Angesiedelt wurden sie in Städten, in bestehenden Ortschaften unter der einheimischen Bevölkerung, oder aber in gänzlich neugegründeten Ortschaften, sogenannten Kolonien. Neben dem Ziel, Brandenburg wieder zu „peuplieren“ und von dem wirtschaftlichen Know-how der Hugenotten zu profitieren, spielten dabei auch religionspolitische Motive eine Rolle. Die Herrscherfamilie der Hohenzollern war reformiert, ihre Untertanen jedoch größtenteils lutherisch. Zwischen den beiden Konfessionen kam es wiederholt zu Konflikten. Deshalb stieß die von oben verordnete Toleranz, d. h. der Duldung der reformierten Glaubensflüchtlinge, bei den lutherischen Untertanen keineswegs auf Begeisterung. Sie sahen darin den Versuch, die Reformierten im Land zu stärken und den Einfluss der lutherischen Stände zu verringern.

Die Eingewanderten erhielten zahlreiche Privilegien, die es ihnen ermöglichen sollten, den Neuanfang in Brandenburg erfolgreich in Angriff zu nehmen. So waren sie beispielsweise für anderthalb Jahrzehnte vom Zunftzwang und damit auch von Abgaben befreit. Sie erhielten zum Teil eine eigene Rechtsprechung und Verwaltung, eigene Kirchengemeinden und Schulen. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts blieb die französische Sprache bei den brandenburgischen Hugenotten vor allem kirchlich in Gebrauch. Die Zugewanderten brachten umfangreiches Wissen im Manufakturwesen, Handwerk und Landwirtschaft mit. Damit trugen sie nicht nur zum Aufbau Brandenburgs nach dem Dreißigjährigen Krieg bei, sondern prägten auch die Kultur des Landes wesentlich mit. Nicht zuletzt kulinarisch: Blumenkohl, Spargel, Grüne Bohnen und Salat gehören seitdem zu geschätzten Gemüsen in der brandenburgischen Küche, Kaffee und Weißbrot als Mahlzeit am Morgen ebenso.

Edict zu Potsdam, 29. Oktober 1685 © HBPG

Berühmtestes Beispiel für die zahlreichen kurfürstlichen Erlasse, die auf die Ansiedlung von Reformierten aus dem Ausland abzielte, ist das das Edikt von Potsdam aus dem Jahr 1685. Durch das Edikt wurde die Einwanderung der französischen Hugenotten als vor Verfolgung in Frankreich schutzsuchende Glaubensflüchtlinge nach Brandenburg angestrebt.

Migration in Brandenburg - ein historischer Überblick

Den Einführungstext zu Migration in Brandenburg finden Sie hier!